verfasst von: Johanna am 6. August 2020
August 2020

Es geht weiter...

Und es ist wieder eine bewegte Zeit. Wie so oft ist es nur zu einem kleineren Teil das Gemüse, das uns Kopfzerbrechen bereitet. Es wächst (und das junge Gemüse wächst auch), während sonst noch so einiges los ist.

Ich beginne mit dem letzten sehr erfreulichen Ereignis: vor einer Woche haben wir unser kleines neues Feld, den knapp 0,7 ha großen "Auenacker", eingeweiht, indem wir eine Gründüngung ausbrachten. Unser Vorgänger hatte seine Gerste abgeerntet und uns den Acker noch ausgemessen und vorbereitet. Die Samen bekamen dank Petrus sogleich am Folgetag eine schöne Dusche - jetzt allerdings bangen wir doch wieder wegen der anhaltenden Hitze. Möglicherweise dauert es noch eine Weile, bis wir dort Gemüse anbauen, denn wir suchen noch immer nach größeren Flächen, und wollen bis dahin noch so lange wie möglich unseren jetzigen Pachtacker nutzen, wo wir unsere ganze Infrastruktur haben. Aber es macht Sinn, jetzt schonmal so viel wie möglich für einen gesunden, belebten Boden zu tun.

Eine schöne Sache war auch unser erstes SoLawi-Wochenende dieses Jahres. Obwohl ich die Ruhe im Frühjahr auch genossen hatte, hat mir der persönliche Kontakt zu den Menschen, die unser Gemüse essen, inzwischen sehr gefehlt. Zwar kamen manchmal einzelne Helfer, auch regelmäßig, aber die Gruppenereignisse haben doch immer einen anderen Flair. Es kamen nach und nach immerhin 3 Menschen an, das machte zwar eine kleine Gruppe aber die Sache angenehm überschaubar. Nach einigen kleineren Arbeiten auf dem Feld widmeten wir uns am Samstag mit viel Schweiß und etwas Zeitdruck im Nacken der Beräumung unseres anderen neuen Grundstückes, eines kleinen Gartens am Kreuzbergweg, das perspektivisch Obstbäume und eventuell Tunnel beherbergen soll. Der Vorbeseitzer hatte uns ordentlich Müll dagelassen und die Menschen vom Wertstoffhof waren sehr geduldig mit uns. Nun, ich habe in meinem Leben noch nie so viel für das Loswerden von Zeug bezahlt.

Und während das Virus in der Welt weiter sein Unwesen treibt, hat auch im Tunnel wahrscheinlich irgendein Virus die Tomaten befallen, leider von uns vermutlich ein wenig spät bemerkt. Und auch hier heißt es, desinfizieren, Kontakt vermeiden, befallene Pflanzen müssen in Quarantäne (also leider entfernt werden). Das Tomatenvirus reiht sich ein in eine lange Liste von Schädlingen für unser Gemüse, mit denen wir seit Beginn dieser Saison zu kämpfen haben. Beginnend mit unterschiedlichsten Läusen, Läusen, und noch mehr Läusen, über Kartoffelkäfer, Kohlfliegen, Kohlweißling, weiße Fliege, Zwiebelfliege, Blattrandkäfer, und wie sie alle heißen - dazu Wühlmäuse, Rehe und Hasen. Wir sammelten Kartoffelkäfer, spritzten Seifenwasser, belästigten Wühlmäuse mit unangenehmen Gerüchen, bedeckten unseren halben Acker mit Kulturschutznetzen gegen große und kleine Fresser und heute kommt auch noch ein Elektrozaun um den Mais - gegen den Waschbären, der noch nicht da war, aber es ist immer mit ihm zu rechnen. Naja, Nico sagte mal, Gemüseanbau ist eigentlich ein Pflegeberuf, und dieser Satz kam mir öfter in den Sinn, wenn ich wieder und wieder und scheinbar unendlich Netze auf- und Netze zudeckte...

Die gegenseitigen Besuche mit unserem Partner, dem Karolinengarten, sind total wertvoll. Wir lernen uns und unsere jeweilige Art, Gemüse anzubauen, immer weiter kennen. Anfang Juli trafen wir uns zur Orga bei uns, kurz darauf besuchte ich den Karolinengarten mit Kind und Bus und war wieder einmal beeindruckt vom supergründlich ausgeklügelten Anbausystem, dem technischen Wissen und der effektiven Bewässerung. Sogleich schickte ich Jochen, der bei uns weitestgehend die Träckerarbeit macht, ins Praktikum.

Das Gemüse Syndikat ist inzwischen also voll angelaufen und wir alle ziehen glaube ich gerade innerlich ein bisschen Bilanz. Weniger Kulturen anzubauen, bringt uns am Auenhof eine deutlich spürbare Arbeitserleichterung und nimmt viel Druck raus. Andererseits fehlt mir ein bisschen die große Vielfalt, die wir mal auf dem Acker hatten. Partner zu haben, bedeutet ein neues spannendes und freundschaftliches Miteinander, fachlichen und privaten Austausch - aber es bedeutet auch viel, viel Kommunikation, aufeinander prallende Werte und Vorstellungen und altgediente Abläufe, die angepasst werden müssen. Die Diskussion um den Grad der Aufbereitung von Porree ist nur ein Beispiel. Es ist eben nicht nur ein geteilter Gemüseanbau sondern vor allem eine Partnerschaft zwischen Menschen. Können wir uns so aufstellen, dass es für jeden von uns wirklich stimmig ist, die Vorteile die Nachteile überwiegen? Halten wir unsere ersten Konflikte aus?

Und sonst so? Die kitafreie Zeit haben wir mit viel Hilfe von unseren Familien gemeistert und genossen. Wir werden bald unser Dach instandsetzen und teilweise neu decken. Das ist sehr aufregend. Vor dem Tunnel gibt es jetzt ein erstes Intensivbeet, wir probieren mal das Market Gardening aus. Wer weiß, ob wir irgendwann mit sehr kleiner Fläche auskommen müssen...